Das Fremdartige in der Realität und in der Literatur
Das Corona-Virus ist ein Synonym für das Fremdartige und das Bedrohliche, das selbst die uns bekannten Menschen zu Fremden und zu Bedrohungsträgern macht. Deshalb könnte die Literaturgattung, die von Mutanten, Zombies, Aliens und anderen absurden Lebensformen erzählt, die Science-Fiction, eine Anleitung zu guten und schlechten Umgangsformen mit den Veränderungen sein. Die Katastrophen-Romane helfen allerdings nicht weiter, denn die meisten verbreiten nur Angst, Schrecken und vor allem eines: Unsinn. Hilfreich sind eher die vielschichtigen Erzählungen, die kluge Ideen des Absurden aufschlüsseln und mögliche Lösungswege aus der Krise aufzeigen. Denn eines ist sicher: Die gesellschaftliche Realität auf der Erde hat sich trotz unterschiedlicher politischer und kultureller Systeme der Fiktion angenähert.
Wir leben tatsächlich in einem Science-Fiction Roman, den wir alle gemeinsam schreiben. Allerdings ist die Rollenverteilung noch relativ unklar. Wer sind die Helden zur Lösung der Krise, wer zeigt uns den Ausweg? Bislang jedenfalls sind lediglich die Linderer der Leiden bekannt, die Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger, die die Hauptlast der Versorgung im überlasteten Gesundheitssystem tragen. Es handelt sich aber um eine grundlegende systemische Krise des Umgangs der Gesellschaft mit Armen, Schwachen und Alten und eine starke Ökonomisierung des Gesundheitswesens, die geändert werden muss. Die Beschreibung systemischer Veränderungen sind wiederum ein Kennzeichen der Science-Fiction, und zwar auf allen Ebenen: der Technologien, der Gesellschaft, der Politik oder des Sozialen. Schauen wir nach, was uns die Literatur an intellektuellen Erleichterungen dazu liefert.