Fritz Heidorn
Vierter Teil der Serie über Künstliche Intelligenz: Literatur, Philosophie, Evolution
Das Thema Künstliche Intelligenz ist eines der großen Standardthemen der Science-Fiction, vergleichbar mit den Themen: Erkundung der Erde, Raumfahrt, gesellschaftliche und politische Utopien. KI ist ein Thema, das im Einflussbereich der Menschen liegt und durch reale Gestaltbarkeit gekennzeichnet ist, die bis in das gewöhnliche Alltagsleben reicht. Menschen können diese Themen direkt selbst erfahren, verstehen und gestalten – auch wenn die Thematik äußerst komplex ist. Die literarische Bearbeitung ist dadurch gekennzeichnet, dass die Science-Fiction bereits lange vor der realen Umsetzung Narrative liefert, die die spätere gesellschaftliche und politische Realisierung gedanklich vorbereiten halfen. Andere Standardthemen der Science-Fiction dagegen gehören in den Kontext der von Menschen abgehobenen Entscheidungssphäre, können also, wenn überhaupt, nur erfahren und bewältigt, aber nicht herbeigeführt werden, zum Beispiel: Aliens, Zeitreisen, Verstehen und Beherrschen der Naturgesetze des Kosmos, Gott.
KIs sind bereits seit langer Zeit in unser aller Alltagsleben integriert. Unsere Autos werden von Robotern gebaut, es gibt praktisch keine Industrieproduktion mehr, die ohne Robotik oder KI-Steuerung auskommt. Die meisten Menschen nutzen Personal Computer für ihre Arbeit und in unseren Haushalten wimmelt es von KI-gesteuerten Maschinen. Das Thema Künstliche Intelligenz hat im Jahre 2023 vor allem durch die populäre Verbreitung der ChatGPT-Software einen hohen Bekanntheitsgrad und eine intensive Diskussion in den Medien ausgelöst. Inzwischen lassen Schülerinnen und Schüler ihre Hausarbeiten von KIs schreiben und Berufsfelder wie Journalismus, Fotografie, Schriftstellerei verändern sich und sind durch Fakes bedroht. Was ist noch echt menschengemacht, was kommt von einer halbwegs intelligenten Maschine, was sind Mischformen davon?
Das Thema geht allerdings über technologische Innovationen mit intelligenten Maschinen weit hinaus, hinein in grundlegende philosophische Betrachtungen des Transhumanismus, das Humane an sich und die Zukunft der Menschheit im Universum. Das Thema der Künstlichen Intelligenz kann nicht allein technisch betrachtet werden, sondern muss einer grundlegenden philosophischen und ethischen Betrachtung unterzogen werden. Die Science-Fiction Literatur hat dazu bereits anerkennenswerte literarische Beiträge geliefert.
Aber man kann sich ja nicht wirklich sicher sein, woher diese Ideen kommen. Wer übernimmt eigentlich die Gewähr, dass dieser Text von einem Menschen oder einer KI geschrieben worden ist?
Historische Narrative über Künstliche Intelligenz
Das weite Thema der künstlichen Intelligenz geht über die Diskussion der Anwendungsbereiche von maschinellem Lernen, wie es in der öffentlichen Diskussion der Jahre 2023-2024 geschieht, weit hinaus. Nach der ersten – technologischen -Phase der Entwicklung der Grundlagen von Computern, Robotern, Cyborgs und KIs folgt eine intensive literarische Auseinandersetzung in der Science-Fiction mit Szenarien des Einsatzes von künstlichen Maschinen in Zukunftswelten. In der dritten Phase der Gedankenwelten über künstliche Intelligenzen stehen philosophische und ethische Fragen im Mittelpunkt der Betrachtung, die darauf abzielen, ob solche künstlich geschaffenen Wesen ein Bewusstsein, eine Verantwortung für das Leben, eine Fürsorgepflicht für biologische Lebewesen und eine Rechtsposition als Individuum haben können. In der vierten Phase schließlich wird diskutiert und literarisch erzählt, ob, und wenn ja, in welcher Weise, künstliche Intelligenzen als evolutionäre Nachfolger des Homo sapiens angesehen werden könnten.
Diese Betrachtung ist in ihrer äußersten Radikalität von den Verfechtern der transhumanen Philosophie verfochten worden und gipfelt in der Bemerkung von Ray Kurzweil auf die Frage, ob Gott existiere: Noch nicht! Die evolutionäre Nachfolge der Menschheit allerdings wird bereits von Arthur C. Clarke in seinem Buch: So werden wir leben. Ein Tag im 21. Jahrhundert (1987, Ullstein. Original: Arthur C. Clarke´s July 20, 2019. Life in the 21st Century, MacMillan Publishing Company, New York, 1986.) In diesem Buch schreibt Clarke aus der Perspektive der 1980er Jahre zusammen mit verschiedenen Zukunftsforschern über technologische Prognosen für das Jahr 2019. Der Beitrag: Ein Tag im Leben eines Roboters ist gemeinsam mit Douglas Colligan verfasst worden und bilanziert, dass uns Roboter vielleicht bei unserem nächsten Evolutionssprung helfen könnten.
„Der Homo sapiens, für den wir uns halten, könnte durchaus in der Naturgeschichte des intelligenten Lebens als eine beiläufige, langerloschene Entwicklungsphase erscheinen. Und das Instrument, das dieser Mensch sich erschaffen hat, trat seine Nachfolge an.“ (S. 84).
Die Geschichte intelligenter Maschinen
Die Geschichte der Computer und anderer intelligenter Maschinen beginnt mit Forschungsarbeiten von Konrad Zuse, Alan Turing und Norbert Wiener. Der Deutsche Konrad Zuse konstruiert im Jahre 1941 mit dem Z3 den ersten funktionstüchtigen Computer der Welt, der vollautomatisch, programmgesteuert, frei programmierbar, in binärer Gleitkommarechnung arbeitet. Der US-amerikanische Mathematiker und Philosoph Norbert Wiener ist der Begründer der Kybernetik, der Wissenschaft von der Steuerung und Regelung von Maschinen. In seinem Buch Cybernetics or Control and Communication in the Animal and the Machine (1948) schuf er die Basis für die Kontrolltheorie und für Regelungstechniken. Der britische Mathematiker Alan Turing wird heute als der bedeutendste Theoretiker der frühen Computerentwicklung angesehen. Turing hat in seinem bahnbrechenden Aufsatz Computing Machinery and Intelligence (1950 über die vergleichende Denkfähigkeit von Menschen und künstlichen Intelligenzen geschrieben, die durch das Imitationsspiel, den nach ihm benannten Turing-Test, nachgewiesen werden konnte.
Als erster moderner Computer, der mit Datenspeicher, Programmspeicher und Ausführungsmodulen ausgestattet ist, wird ENIAC („Electronic Numerical Integrator and Calculator“) angesehen, der im Jahre 1943 an der University of Pennsylvania entstand und der bis zum Jahre 1956 dort arbeitete. Als erster, wirklich programmierbarer Computer der Welt gilt der Colossus Mark 2, der am 1. Juni 1944 in Bletchley Park in Großbritannien einsatzbereit war. Seit diesen ersten theoretischen Überlegungen und praktischen Erprobungen von Computern, Robotern und intelligenten Maschinen hat sich eine sprunghafte technologische und philosophische Entwicklung abgezeichnet, die die Science-Fiction Literatur beeinflusst hat und die von dieser beeinflusst wurde.
Die Autoren Dario Floreano und Nicola Nosengo schreiben in ihrem Buch Tales From A Robotic World. How Intelligent Machines Will Shape Our Future (2022), in dem sie über aktuelle Forschungsarbeiten in den 2020er Jahren zum Thema künstliche Intelligenz in den Forschungslaboren der Welt berichten, über drei Phasen der technologischen Entwicklung intelligenter Maschinen:
- Automatische Wiederholungsverfahren menschlicher Arbeit: 1960er und 1970er Jahre.
- Die Einführung des Personal-Computers: frühe 1990er Jahre.
- Gehirn-ähnliche Lern-Algorithmen erlauben Computern Qualifikationen zu entwickeln, die menschlichen Fähigkeiten ähneln oder diese sogar übertreffen. 2000er Jahre.
Foto: Apple: Stammsitz eines großen Herstellers von Computern und Internetnutzungen in Cupertino, Kalifornien. Apple nutzt maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz schon seit längerer Zeit.
Mit den aktuellen technologischen Entwicklungen verbunden ist die Entwicklung einer neuen Wissenschaft, die über die Standardisierung klassischer Regelungsverfahren von Industrierobotern weit hinausgeht und den künstlichen Intelligenzen Fähigkeiten wie aus Erfahrung lernen, improvisieren und Risiken eingehen ermöglicht. Die Wissenschaft über künstliche Intelligenz ist schon heute auf dem Sprung zu Bewusstseinsebenen für Maschinen, die bislang als rein menschliche galten und die die Frage aufwerfen, was genau „das Menschliche“ eigentlich ist. An dieser Stelle bzw. schon weit früher wird die Science-Fiction Literatur interessant, die diese Thematik schon vor langer Zeit ausgearbeitet hat.
Frühe Erzählungen über künstliche Intelligenz: Philip K. Dick
Philip K. Dick, der große amerikanische Schriftsteller der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, hat nicht nur mit Do Androids Dream of Electric Sheep? (1968) ein Meisterwerk zum Thema geliefert, das für einen der besten Science-Fiction Filme aller Zeiten die Grundlage war, für Blade Runner (1982). Philip K. Dick hat auch einige bemerkenswerte grundsätzliche Überlegungen über künstliche Intelligenz in seinem Vortrag The Android and the Human (1972) auf der Vancouver SF Convention at the University of British Columbia im März 1972 vorgetragen. Er schreibt über Kybernetik und Norbert Wiener, über Maschinen, die zunehmend menschlich werden und über seine eigenen Erzählungen zum Thema:
„Nehmen wir an – und ich glaube nicht, dass Wiener dies vorausgesehen hat -, dass wir durch das Studium unserer selbst, unserer eigenen Natur, einen Einblick in die inzwischen außerordentlich komplexen Funktionsweisen und Fehlfunktionen mechanischer und elektronischer Konstruktionen gewinnen können. Mit anderen Worten – und das ist es, was ich hier betonen möchte – ist es jetzt möglich, dass wir etwas über die künstliche äußere Umgebung um uns herum lernen können, wie sie sich verhält, warum, was sie vorhat, indem wir das, was wir über uns selbst wissen, analog anwenden.
Maschinen werden sozusagen menschlicher – zumindest in dem Sinne, dass es, wie Wiener andeutete, einen sinnvollen Vergleich zwischen menschlichem und mechanischem Verhalten gibt. Aber sind es nicht wir selbst, die wir in erster Linie kennen? Anstatt über uns selbst zu lernen, indem wir unsere Konstrukte studieren, sollten wir vielleicht versuchen zu verstehen, was unsere Konstrukte vorhaben, indem wir uns ansehen, was wir selbst vorhaben.
In einigen meiner Geschichten und Romane habe ich über Androiden oder Roboter oder Simulakren geschrieben – der Name spielt keine Rolle; gemeint sind künstliche Konstrukte, die sich als Menschen tarnen. In der Regel mit einem finsteren Ziel vor Augen. Ich bin wohl davon ausgegangen, dass ein solches Konstrukt, z. B. ein Roboter, keine Notwendigkeit hätte, sich so zu tarnen, wenn es einen gutartigen oder irgendwie anständigen Zweck verfolgte. Jetzt scheint mir dieses Thema überholt. Die Konstrukte ahmen den Menschen nicht nach; sie sind in vielerlei Hinsicht bereits menschlich.“
Ich halte die Aussage von Philip K. Dick, dass wir Menschen uns ansehen sollten, was wir selbst vorhaben, für die wichtigste Botschaft seines Vortrages. Erst dann werden wir verstehen, was künstliche Intelligenzen wirklich können (sollen) und leisten werden.
Philip K. Dick gibt weiter hinten in seinem Vortrag ein Beispiel für die Verschmelzung von Menschen und Robotern u d fragt danach, welches Verhalten denn nun wirklich menschlich sei:
„Eines Tages wird ein Mensch, der vielleicht Fred White heißt, auf einen Roboter namens Pete Soundso schießen, der aus einer Fabrik von General Electrics gekommen ist, und zu seiner Überraschung sehen, wie er weint und blutet. Und der sterbende Roboter könnte zurückschießen und zu seiner Überraschung sehen, wie eine graue Rauchfahne aus der elektrischen Pumpe aufsteigt, die er für Mr. Whites schlagendes Herz hielt. Das wäre für beide ein großer Moment der Wahrheit.
Ich möchte also fragen: Was ist es in unserem Verhalten, das wir als spezifisch menschlich bezeichnen können? Was ist das Besondere an uns als lebende Spezies? Und was ist es, das wir, zumindest bis jetzt, als bloßes Maschinenverhalten oder, im weiteren Sinne, als Insektenverhalten oder als Reflexverhalten bezeichnen können?“
Philip K. Dick beendet die Überlegungen in seinem Vortrag mit der Hoffnung, dass unsere Kinder, die jetzt aufwachsen, mit ihren Werten die zukünftige Welt, in der sie leben werden, verändern.
Sachbücher über künstliche Intelligenz
Es gibt außerordentlich viele gute (und schlechte) Sachbücher, Romane und Literaturformen dazwischen, in denen über die Zukunft der künstlichen Intelligenz geschrieben wird. Ich werde eine begründete Auswahl davon weiter hinten in meinem Essay vorstellen, möchte allerdings bereits an dieser die Leserinnen und Leser auf einige sehr gute Grundlagenwerke hinweisen.
Über das Leben mit Robotern und Cyborgs und als Einführung in literarische Erzählungen und transhumanes Denken: Gregory Benford, Elisabeth Malartre: Beyong Human. Living With Robots And Cyborgs (2007). In dem letzten Kapitel The Long Perspective schreiben Autorin und Autor:
„Das Schicksal der Menschheit könnte darin bestehen, in einen nicht enden wollenden Wettbewerb mit unseren eigenen Schöpfungen einzutreten, mit Menschen und Androiden, Cyborgs und Robotern, die ein gemeinsames Ziel haben – die letztendliche Besiedlung der gesamten Galaxis.“
Wer sich für einen fundierten Überblick über die Entwicklung und die Möglichkeiten intelligenter Maschinen interessiert, sollte sich dieses Sachbuch und das Geo-Magazin anschauen:
Gerhard Paaß, Dirk Hecker: Künstliche Intelligenz. Was steckt hinter der Technologie der Zukunft? (2020). Springer Vieweg.
GEOkompakt Nr. 71 (2022): Die Geburt der Maschinen. Gruner und Jahr, Hamburg, 2022.
Die Zukunft der Technologien
Immer noch lesenswert sind zwei Sachbücher von Angela und Karlheinz Steinmüller, die sich mit Zukunftstechnologien beschäftigen. In dem Buch: Die Zukunft der Technologien (2006) schreiben sie, dass die Vorhersagen der Vergangenheit zum Thema „Roboter“ mit „überzogenen Prognosen gepflastert“ waren. „Der große Durchbruch hin zu hilfreichen Robotern, die uns Menschen im buchstäblichen wie im übertragenen Sinne das Wasser reichen können, wurde immer wieder hinausgeschoben.“ (S. 131). Dennoch rechnen beide damit, dass diese „Roboter für alles“ im Haushalt um das Jahr 2025 herum Realität werden, wie sie in dem Buch: Visionen 1900 – 2000 – 2100. Eine Chronik der Zukunft (1999) schreiben. Künstliche Götter, also die Entstehung von posthumanen Lebewesen mit gottgleichen Fähigkeiten nach der Singularität, werden für die Zeit ab dem Jahre 2035 angenommen. Dazu schreiben Angela und Karlheinz Steinmüller in dem Buch Die Zukunft der Technologien (2006):
„Vielleicht nicht um 2040, aber zwei, drei Dekaden später erreicht die soundsovielte Robotergeneration dank Leistungssteigerung nach dem Mooreschen Gesetz die kognitiven Fähigkeiten des Menschen. Während der Mensch so bleibt, wie er seit Tausenden Jahren ist, entwickeln sich die Roboter ungebremst fort, wozu sie von nun an nicht einmal mehr menschliche Unterstützung brauchen.“ S. 143).
Die Mündigkeit des Menschen und die Mündigkeit Künstlicher Intelligenz
Die Bewertung Künstlicher Intelligenz wird nicht ohne die Beantwortung der vier Fragen von Immanuel Kant zur Philosophie auskommen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch? Wir sollten den allgemeinen Prinzipien der Aufklärung folgen, müssen allerdings immer auch individuelle Schwerpunktsetzungen in der Seins-Definition der Menschen berücksichtigen, also individuell die Philosophie befragen. Beginnen können wir mit den allgemeinen Prinzipien der Aufklärung, die Immanuel Kant in seinem berühmten Aufsatz: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? (1784) in der Berlinischen Monatsschrift vom Dezember 1784 formuliert hatte:
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Muth dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“ Und weiter :
„Zu dieser Aufklärung aber wird nichts erfordert als Freiheit; und zwar die unschädlichste unter allem, was nur Freiheit heißen mag, nämlich die: von seiner Vernunft in allen Stükken öffentlichen Gebrauch zu machen.“
Foto: Wolkenvogel. Was ist das? Eine Schwarmintelligenz, eine Drohne, ein Naturschauspiel? Es handelt sich um ein Wetterphänomen, eine Wolke, gesehen auf Helgoland am 21. August 2023.
Die Mündigkeit der Künstlichen Intelligenz
Es wäre im Diskursfeld über Künstliche Intelligenz zu klären, welche Rechte KIs bekommen sollen, wenn sie irgendwann tatsächlich sich ihrer selbst bewusst sind und wenn sie eigenständige, kreative Entscheidungen treffen können. Werden sie dann von uns Menschen als eigene Persönlichkeiten mit eigenen Rechten anerkannt werden, also beispielsweise mit einer Staatsbürgerschaft ausgestattet sein? Wie würde die Aufklärung für KIs aussehen? Würden die Menschen die KIs aus ihrer von Menschen verschuldeten Unmündigkeit entlassen? Welche Form von Freiheit werden die Menschen den KIs gestatten? Und noch weiter in die Zukunft verlegt: Welche Freiheiten würden gottgleiche KIs in ferner Zukunft ihren evolutionären Vorfahren, den Menschen, erlauben?
Zu dem Thema „Rechte von künstlichen Intelligenzen“ hat Jack McDevitt mehrere Romane, zum Beispiel in Firebird (2012) und Polaris (2006) und eine brillante Kurzgeschichte geschrieben. In der nur knapp vier Druckseiten starken Story: The Wrong Way (2021. Nachgedruckt in: Return to Glory, Subterranean Press, Burton MI, 2022) erzählt er auf sehr ironische Weise, wie die dienstbaren künstlichen Intelligenzen in den USA etwa dreihundert Jahre in unserer Zukunft, versuchen, die US-amerikanische Staatsangehörigkeit zu bekommen und als Individuen angesehen zu werden. Der von ihnen angesprochene Senator Whitcomb verweigert diese Idee als absurd, weil sie ja nur eine „Ansammlung von Kabeln und Verbindungen in einem Generator auf meinem Schreibtisch“ seinen und bekommt als Erwiderung, dass er, der Senator, ja nur „Sammlung von Zellen, Organen, Geweben und verschiedenen Nährstoffen“ sei. Die Diskussion zwischen KI und Mensch führt zu keiner Einigung und der Mensch bekommt die Folgen zu spüren, als seine einlaufenden Anrufe ihm klarmachen, dass die KIs beginnen, alle Alltagsgeräte abzuschalten. Das Auto lässt sich nicht mehr starten, die Wäscherei schließt – und er sei an all dem schuld. Schließlich ruft das Weiße Haus an….
Diese wunderbare kurze Erzählung verweist auf die philosophischen Grundprobleme aller KI-Erzählungen: Was ist Intelligenz? Was ist Bewusstsein? Was macht den Menschen aus? Gibt es eine Seele? Was sind die Stärken von biologischen Lebewesen, was sind die Stärken von Maschinen? Was ist Natürlichkeit, was ist Künstlichkeit? Zu all diesen Fragen gibt es in der Literatur, vor allem in der Science-Fiction, eine ganze Reihe bemerkenswerter Narrative.