Visionen und Versuche

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Es ist immer noch unsicher, welche Klimawandel-Zukunft eintreten wird. Wir sehen Handlungsnotwendigkeiten in planetarem Maßstab und diskutieren über sehr unterschiedliche ungewisse Alternativen, über: Zukünfte. Wer über Zukünfte spricht, ist damit im Bereich der phantastischen Literatur angelangt, die wir, wenn sie auf einem naturwissenschaftlichen Fundament für ihre Erzählungen aufbaut und nicht nur über reine Phantastereien schreibt, als Science-Fiction bezeichnen. Diese Literaturgattung hat bereits in der Vergangenheit und zunehmend in der Gegenwart interessante Konzepte vorgelegt, die neue Perspektiven zum Klimawandel beschreiben und uns Leserinnen und Leser in ein Reich der Fantasie geführt haben. Hier herrscht Denk- und Meinungsfreiheit, die Zwänge der Politik sind weggefegt und alles scheint möglich zu sein. Sogar die Lösung der Folgen des Klimawandels, wie es Kim Stanley Robinson in seinem aktuellen Buch „The Ministry for the Future“ (2020) beschrieben hat.

Natürlich ist dies eine Foto-Montage. Aber was würden die Bremerinnen und Bremer der Zukunft zu einem Reisfeld und Palmen am Osterdeich sagen? Fantasie ist bei allen Zukunftsvisionen gefragt.

Beim Thema Klimawandel führt die Menschheit ein globales Langzeitexperiment mit der Natur des Planeten Erde durch. Es beginnt im Zeitalter des Anthropozäns und wird uns – so oder so und relativ unabhängig von den gegenwärtigen Erfolgen der zwischenstaatlichen Klimavereinbarungen – noch lange beschäftigen. Um es deutlich zu sagen: Der Ausgang unseres globalen Klimawandel-Experiments mit dem Planeten Erde ist ungewiss. Wir können uns auf die Erkenntnisse der Naturwissenschaften zwar verlassen, aber unsere Lebensplanung lässt sich mit Naturwissenschaften und Technik allein nicht gestalten. Dies aus zwei Gründen:

1) Eine ungewisse Zukunft: Wenn wir schon kaum in der Lage sind, die Gemeingüter der Gegenwart gleich zu verteilen bzw. zu nutzen und zu schützen, wie können wir dann mit den Gemeingütern einer Zukunft, die weit entfernt und unglaublich komplex ist, sorgsam umgehen? Informationen allein helfen hier nicht weiter.

2) Die Komplexität menschlichen Handelns: Handlungsoptionen von Menschen werden überwiegend durch emotionale und andere psychologische Faktoren gesteuert. Von daher verwundert es nicht, dass es immer noch viele abstruse Theorien zu den Ursachen und den Folgen des Klimawandels gibt und zukünftig geben wird. Geglaubt wird, was in die bereits vorhandenen Glaubenswelten und Kontexte von Einzelnen und von sich gegenseitig verstärkenden Gruppen passt.

Von daher muss jede Kommunikation zum Thema Klimawandel mit den subjektiven Theorien der jeweiligen Akteure beginnen und diese mit den aktuellen objektiven wissenschaftlichen Erkenntnissen immer wieder neu synthetisieren. Handlungsabsichten und Handlungsmöglichkeiten müssen in Einklang gebracht werden mit Handlungserfolgen. Leitfrage ist: Wie wird klimagerechtes Handeln als sinnvoll erachtet und wie möglich gemacht?  Nicht allein durch die Fixierung auf Konsumgüter und Technikgläubigkeit, sondern durch individuelle Gestaltungsoptionen einer nachhaltigen Lebensweise.

Die Psychologie des Klimawandels und die Soziologie einer klimagerechten Nachhaltigkeitskultur sind erst in Ansätzen geschrieben worden und harren ihrer Vervollständigung. Darüber soll in kommenden Beiträgen ausführlicher berichtet werden.